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Ein Recycling-Versuch

Letztes Jahr räumten wir unser Projektbüro auf. Das g.r.i.p.s.-Büro, das wir uns zu fünft teilen, braucht ab und zu mal eine gründliche Aufräumaktion. Über die Jahre hatten wir einige Drucker angesammelt, und so vermehrten sich auch Patronen und Toner. Wir warfen sie auf einen großen Haufen und ich rief enthusiastisch: „Ich kümmere mich um die Entsorgung!“ Das war naiv. Dass Druckertoner nicht in den Restmüll dürfen, wusste ich zwar, aber nicht, wie schwierig es sein würde, den Kram zu entsorgen.  

Recycling in Deutschland ist eigentlich eine bequeme Angelegenheit. Am Pfandautomaten werfe ich meine Kästen oder Flaschen ein und ab dem Moment ist es für mich wie Zauberei. Die Flasche verschwindet, ich bekomme einen Bon ausgespuckt und dazu ein gutes Gewissen, da ich als verantwortungsvoller Erdenmensch gerne recycle. Überall kann man praktisch recyceln… vom eigenen Hausmüll über Glascontainer bis hin zu Batterien-Abgabestellen. Alles passiert wunderbar unsichtbar. Ich gebe meinen Müll ab, er verschwindet, Deutschlands Wiesen sind sauber, und mein Gewissen auch.

Als ich in Marokko wohnte, sah die Sache anders aus. Ständig fand sich in der Landschaft grotesk viel Müll. Von Autoreifen über Bauschutt, Batterien im Sand, bis hin zum Motoröl im Flussbett. Die Berge im Hochatlas waren gesprenkelt von bunten Plastiktüten. Ich fragte einen Einheimischen, warum ausgerechnet hier, auf diesem scheinbar unberührten Fleckchen Erde so wahnsinnig viel Plastik rumfliegt. Er sagte mir, dass die Müllkippe in der Nähe keine Abdeckung hat und beim kleinsten Wind die Plastiktüten eben in die Landschaft fliegt. Hunderte Kilometer weit. Da war mein Gewissen alles andere als rein. Denn insgeheim wusste ich, dass auch Deutschlands Schuttberge, Motoröl, Plastik nicht immer lupenrein entsorgt, sondern ganz gern nach Afrika verschifft werden. Und andere Länder haben nicht die Kapazitäten, den Müll, den sie von uns Industrieländern importieren, so zauberhaft verschwinden zu lassen.

Zurück zum g.r.i.p.s. Mit gutem Gefühl geh ich an den Toner-/Druckerpatronenberg. Easy-peasy, denke ich. Wir haben ja ein funktionierendes Recyclingsystem, Marokkos Müllberge blende ich dabei hervorragend aus. Also setz ich mich an den Rechner und suche nach „Entsorgung Druckerpatronen“. Ich stoße auf die Website Geld für Müll. Interessant. „Vergütung bis zu 20 €“, lese ich da. „In Deutschland landen jährlich über 44 Millionen Tonerkartuschen in der Mülltonne (…). Dies ist eine enorme Belastung unserer Umwelt“, heißt es weiter. Wunderbar, hier bin ich richtig und suche nach einer Möglichkeit, meine Toner dort aufzulisten. Die Seite entpuppt sich zwar als nicht so richtig bedienerfreundlich, aber immerhin kann ich dort die aktuellen Annahmepreise für meine Toner suchen. Tatsächlich bekäme ich aber nur für einen Toner Geld, nämlich 5 €. Tintenpatronen werde ich hier gar nicht los. Okay, dann such ich mal weiter. Vielleicht gibt es etwas einfacheres.

Bei Printer Care werde ich fündig. Hier kann man ziemlich einfach eingeben, wieviel Toner und Tintenpatronen man zurückschicken will, bekommt einen Betrag genannt und kann seine Kontaktdaten angeben. Dann kann man die Sachen einfach in einen eigenen Karton packen, druckt den Rücksendeschein auf und schickt es weg. Ob diese Zwischensammelstellen so sinnvoll sind, kann ich zwar nicht beurteilen, aber die Seite hat mir bisher am besten gefallen.

Es gibt auch die Möglichkeit, den Müll zurück zu den jeweiligen Herstellern zu schicken. Für HP-Tintenpatronen muss ich einen extra Rücksendeumschlag anfordern. Ich stelle zu meinem Erstaunen fest, dass der Rücksendeumschlag, aus Plastik, aus Frankreich (!) geliefert wird, dorthin sollen die Patronen auch wieder zurückgesendet werden. Mal abgesehen von den irrwitzigen Wegen, die dieser Umschlag zurücklegt um ein paar Patronen zu recyceln, bezweifle ich, dass der Plastikumschlag wiederverwendet wird. Mein Enthusiasmus ist merklich zurückgegangen.

Lexmark bietet Rücksendeprogramme nur für mittelgroße und große Firmen an. Hier kann man eine sogenannte „Ecobox“ anfordern, und sobald man mindestens 10 Toner zusammen hat, kann man sie beim Postamt abgeben. Leider haben wir nur 2 Toner und keinen Lexmark-Drucker mehr. Kleinere Rücksendemöglichkeiten gibt es hier nicht.

Außerdem lerne ich, dass wir einige Refill-Tintenpatronen haben, also Patronen, die wiederaufbereitet wurden. Sie sind günstiger als die Originale, aber die Entsorgung läuft nur noch über den Wertstoffhof. Denn nochmal aufbereiten kann man sie nicht mehr.

Nach dreistündiger Recherche habe ich fünf Pakete mit alten Tonern und Patronen geschnürt und auf den Weg gebracht. Übrig bleiben noch die Lexmark-Toner und die Refill-Patronen, die noch zum Wertstoffhof gebracht werden müssen. Allerdings habe ich inzwischen die Lust verloren. Der Druckermüll liegt noch brav sortiert hinter meinem Schreibtisch, als Mahnmal für meine unerledigte Arbeit und meinen lange zurückliegenden Enthusiasmus.

Glücklicherweise arbeite ich jetzt im Homeoffice und muss mir den Müll nicht weiter anschauen. So wird er auch nach der Corona-Krise noch auf mich warten und mich daran erinnern, wie gerne ich doch mal recycelt habe. Naja und eigentlich immer noch gerne tue. Nur eben nicht mehr mit Druckerpatronen.

Published inAllgemein

Ein Kommentar

  1. Wolfgang Wolfgang

    OKI hat ein sehr brauchbares Recycling-System. Und schön, dass Sie wieder schreiben.

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